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Referate der 6. Arbeitstagung, 11. – 13. Februar 2005

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Der Leket Josher als Quelle für jüdische Alltagskultur im 15. Jahrhundert

Martha KEIL

In der ersten Sektion am Samstagvormittag, die von Birgit Klein moderiert wurde, berichtete zunächst Martha Keil (St. Pölten) über das hebräischsprachige Buch Leket Joscher als Quelle für jüdische Alltagskultur im 15. Jahrhundert. Der Leket Joscher, in den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts von Josef bar Mosche, Schüler und Hausdiener des Rabbi Isserlein bar Petachja von Wiener Neustadt (1390–1460) verfasst, enthält etwa 150 realienkundliche Hinweise und ca. 190 deutsche Worte in hebräischer Schrift für diverse Realien. Der Kontext dieser Hinweise ist immer ein ritueller, meist die Tauglichkeit von Speisen und Geschirr für Pessach, daher können die realienkundlichen Informationen als Beschreibung der Realität akzeptiert werden. Vorsicht ist allerdings bei der Rückprojektion heutiger Begriffe geboten; auch gibt die Bezeichnung von Gegenständen noch keine Erläuterung zu deren Aussehen, Wert und Bedeutung. Die Definition von Alltag umfasst »repetitives habituelles Verhalten«, so dass auch im strengen Wort nicht alltägliche Gelegenheiten wie Feste und besondere Ereignisse des menschlichen Lebens darunter fallen.

Der Beitrag stellte einige Gegenstände vor, die sich aus dem Kontext der Reinigung zu Pessach ergeben. Die Bezeichnungen sind die üblichen zeitgenössischen, sie unterscheiden sich nicht vom christlichen Gebrauch, mit Ausnahme der Vorschriften zur Kaschrut. Für den Autor ergab sich öfter die Schwierigkeit, im Hebräischen exakt den Begriff wiederzugeben, den ein bestimmter Gegenstand auszeichnete, zum Beispiel »getriebene« Becher, »gelötete« Kannen, mit Lehm »angeworfene« Backöfen. Seine etwas hilflosen Beschreibungen geben zuweilen Rätsel auf, die nur mit guter Kenntnis der mittelalterlichen Realien gelöst werden können. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist daher nötig.

Über die Beschaffenheit und Verwendung der Dinge hinaus gibt der Leket Joscher wertvolle Informationen über alltägliche Beziehungen zwischen Juden und Christen. Rund um Schpunt und Reif eines Weinfasses, Kinderbrei (Pap oder Semmel mus), Tscholent und Paschtida sind Konflikte und Annäherungen verortet, durch die die Sachinformationen für eine Annäherung an geteilte und getrennte Lebenswelten nutzbar zu machen sind.

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