Zurück Interdisziplinäres Forum »Jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit und im Übergang zur Moderne«
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Referate der 5. Arbeitstagung, 13. – 15. Februar 2004

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»Pour la gloire du grand Dieu d’Israël« – Konversionen zum Judentum in der Frühen Neuzeit

Wolfgang TREUE

Konversionen zum Judentum waren in der Frühen Neuzeit ein eher seltenes Phänomen, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass eine solche Form der Devianz von der christlichen Mehrheitsgesellschaft als skandalös erachtet und in der Regel mit schweren Sanktionen belegt wurde, die bis hin zur Todesstrafe reichen konnten.

Auch für die jüdischen Gemeinden stellten konversionswillige Christen ein Problem dar, da ihre Aufnahme unweigerlich zu Konflikten mit der christlichen Umgebung führen musste. Dass christlichen Aspiranten, selbst wenn sie sich an eine weit von ihrem Herkunftsort entfernte Gemeinde wandten, zumeist die Beschneidung bzw. die Aufnahme verweigert wurde, hatte aber wohl noch weitergehende Gründe.

Untersucht man die Motive, die Christen zu einem solchen Schritt veranlassten, so stellt man häufig fest, dass weder persönlicher Umgang mit Juden noch eingehendere Kenntnisse der jüdischen Religion dabei eine Rolle spielten. Es ging letztlich weniger um eine positive Identifikation mit der neuen als um eine negative Distanzierung von der alten Religion bzw. der sie tragenden Gesellschaft. Dies zeigt etwa die Motivanalyse im Fall des 1632 in Genf hingerichteten Nicolas Antoine, dessen Credo in erster Linie in der Ablehnung von Positionen der eigenen, calvinistischen Kirche bestand. Typisch erscheint ferner eine weitgehende Vermischung rationaler theologischer Argumentationen und völlig irrationaler Verhaltensweisen sowie ein unkontrolliertes, willkürliches Lese- und Rezeptionsverhalten. Was die äußerst selektive Form der Wahrnehmung in dieser Hinsicht betrifft, besteht eine bemerkenswerte Parallelität etwa zwischen dem um 1700 in Amsterdam lebenden Konvertiten Moses Germanus und dem gut ein Jahrhundert zuvor im Friaul verurteilten Ketzer Domenico Scandella, dem »Menocchio« aus Carlo Ginzburgs berühmtem Buch »Il formaggio ed i vermi« (Der Käse und die Würmer).

Eine besondere Rolle für das vorliegende Thema spielt die Stadt Amsterdam, wo bereits im 17. Jahrhundert eine relativ weitgehende Religionsfreiheit herrschte, die Konversionen zum Judentum zuließ und zur Entstehung eines eigenen Millieus von Konvertiten, Philosemiten und sogenannte »Judaizantes« führte, das Hans Joachim Schoeps in mehreren Arbeiten untersucht hat. Wie das Schicksal des erwähnten Moses Germanus verdeutlicht, folgte daraus aber noch nicht unbedingt auch eine erfolgreiche Integration in eine der bestehenden jüdischen Gemeinden. Dies änderte sich erst im Laufe des 18. Jahrhunderts, als einzelne Konvertiten sogar rabbinische Funktionen wahrnehmen konnten.

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